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KAMPF UM DIE (BILDSCHIRM-) PRÄSENZ
Genutzt wird, was auf dem Screen ist

Die Suchmaschine von Google ist für viele Menschen ein essentielles Tool ihres (digitalen) Lebens geworden. Etwas zu „googlen“ gilt als Synonym für die Suche im Netz. Du weißt etwas nicht? Dann „google“ es doch einfach. Millionen Menschen vertrauen auf den führenden Suchmaschinen-Anbieter und würden nicht auf die Idee kommen, eine andere Webseite dafür zu nutzen. Konkurrent Bing wird praktisch nicht wahrgenommen – und doch ist es ein Tool mit wirtschaftlichem Erfolg, das sich sehen lassen kann. Verantwortlich dafür sind die Gewohnheiten des Kunden, die den Unternehmen in die Hände spielen. Das Zauberwort lautet (Bildschirm-) Präsenz.

BEITRAG VON

FYNN Strategist Thomas Oberrauch
Thomas Oberrauch
Strategist

DER KONSUMENT HAT DIE WAHL – ODER?

Wenn Sie sich heute ein neues iPhone kaufen, werden Sie auf diesem Gerät Google als Standardsuchmaschine vorfinden. Dieses kleine, unscheinbare Detail lässt sich Apple fürstlich entlohnen. Allein im Jahr 2018 soll Google mehrere Milliarden U.S.-Dollar für die Gewissheit bezahlt haben, auch in Zukunft die Standardsuchmaschine auf Apples Smartphones zu bleiben. Dem Nutzer steht es natürlich nach wie vor frei, seine Suchmaschine des Vertrauens über die Einstellungen zu ändern. Solch eine Änderung ist mit wenigen Schritten und sehr überschaubarem Aufwand machbar. Trotzdem verzichten viele Nutzer darauf. Der Grund ist banal: sie nutzen, was ihnen am (digitalen Schreib-) Tisch serviert wird. Das Konsumentenverhalten ist damit vorhersehbar.

 

Große Tech-Unternehmen wissen über diese Tatsache natürlich Bescheid und machen sie sich zunutze – wie zum Beispiel Microsoft. Noch immer laufen die meisten Rechner in privaten Haushalten und Unternehmen mit einem Windows-Betriebssystem und den damit vorinstallierten Produkten und Services. So befand sich auf den meisten neuen PCs und Laptops stets der hauseigene Browser samt Suchmaschine, was viele Nutzer (v.a. Unternehmer und Angestellte) dazu motivierte, eben diese Software zu verwenden. So konnte sich der von Internetkonsumenten ungeliebte Internet Explorer lange Zeit gegen seine Konkurrenten behaupten. Erst das Einschreiten der Europäischen Union, setzte diesem Treiben ein Ende. Microsoft war gezwungen, den Benutzer zur freien Produktwahl zu ermutigen und auf vordefinierte Software zu verzichten. Ein ähnliches Beispiel bietet Amazon mit dem Echo Dot.

 

Das Smarthome-Gerät rund um die Sprachassistentin Alexa greift standardmäßig auf die Bibliothek von Amazon Music zu. Weitere Dienste wie Spotify kann der Nutzer nur dann in Anspruch nehmen, wenn er diese manuell über die Alexa App einstellt. Seit Einführung des Geräts konnte der bisweilen nicht in die Gänge kommende Streamingdienst von Amazon deutlich an Boden gutmachen. Kritische Stimmen behaupten, dass der Konsument in seiner Entscheidungsgewalt beeinflusst wird. Andererseits, einen „Stoß in die ‚richtige‘ Richtung“ erfahren wir tagtäglich durch gewiefte Marketingkampagnen und die digitale Medienlandschaft. Noch nie war es für Unternehmen wichtiger die Vorlieben und Verhaltensmuster seiner Kunden zu kennen. Und dieses Wissen zu nutzen.

 

 

NEVER CHANGE A RUNNING SYSTEM

Unter Verhaltensökonomen ist diese Strategie als „Nudging“ (dt. Schubsen) bekannt. Dabei wird gezielt das Verhalten von Kunden und Nutzern beeinflusst, ohne andere Optionen vorzuenthalten. „Empfehlungen“ sollen lediglich dafür sorgen, dass eine vom Unternehmen bevorzugte Richtung eingeschlagen wird. Denn Kunden orientieren sich in der Regel am kurzfristigen Vorteil und lassen sich zur Nutzung des, unter der normalen Umständen weniger favorisierten, Produkts verleiten. Dabei stellt der Aufwand ein neues Tool, Programm oder dergleichen zu installieren eine schier unüberwindbare Hürde dar. Diese Tatsache nutzen vor allem Software Lösungen, die durch Ihre Vernetzung mit anderen Tools am Markt punkten wollen. Schon lange reicht es in der digitalen Welt nicht mehr, lediglich durch ein scheinbar superiores Produkt sich am Markt gegen die Konkurrenz durchzusetzen.

 

Besonders Benutzer von Smartphones sind anfällig für Nudging-Techniken, was wiederum Unternehmen zugutekommt die ihre Produkte und Services zum Beispiel in Form einer App digitalisieren wollen. Schließlich möchten sich deren Nutzer nicht mit langwierigen Arbeiten auf den ohnehin zu kleinen Bildschirmen herumschlagen. Komplizierte Installationen oder Anmeldungen? Zu viele Icons auf dem Home Bildschirm? Ein No-Go unter der Zielgruppe der Digital Natives. Der Platz auf den Smartphone-Displays ist kostbar und die Konsumenten sind ungeduldig.

 

Das zeigt sich gerade am E-Scooter-Hype in Europa und Amerika. Diverse E-Scooter-Startups können auf die Unterstützung von Tech-Unternehmen vertrauen. Sie alle buhlen um die Gunst der Konsumenten in den Zentren der Großstädte, die möglichst schnell von A nach B kommen möchten. Zur Nutzung der E-Scooter ist lediglich eine App und ein Bankkonto erforderlich. Die Unterschiede zwischen den Anbietern sind dabei marginal und so entscheidet sich der Machtkampf auf dem Gehsteig. Das Unternehmen, das näher am Kunden ist, gewinnt. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.

 

Denn ist erst einmal die E-Scooter-App eines Anbieters installiert und eingerichtet, so wird der Kunde (basierend auf der Verhaltensökonomie) andere Anbieter meiden, um keine weiteren Apps installieren zu müssen. Wenig verwunderlich also, dass sämtliche E-Scooter-Startups ihre Präsenz aggressiv vorantreiben und Millionen investieren in die Erreichung Ihrer Kundensegmente – aber noch weit davon entfernt sind, rentabel zu sein.

 

 

DER KUNDE MÖCHTE UMSORGT WERDEN

Uber investiert ebenfalls in den E-Scooter-Markt, denkt aber schon einen Schritt weiter. Ziel des ehrgeizigen Unternehmens ist es, das „Amazon für Transport“ zu werden. Menschen, die sich in Zukunft fortbewegen möchten, sollen sich immer zuerst Fragen: „Was bietet mir Uber an?“ bzw. „gibt es diese Transportmöglichkeit in der Uber App?“. Die Vorteile für den Kunden liegen auf der Hand: nur noch eine einzige App auf dem Bildschirm, die für alle Arten der Fortbewegung eine Lösung bereithält. So wird das Smartphone-Display übersichtlicher und die Entscheidung einfacher.

 

Wie sich anhand dieser Beispiele zeigt, ist der Kunde bequem und möchte einfache Lösungen. Unternehmen, die möglichst nahe am Kunden sind, wissen wie er denkt, lebt und fühlt, umsorgen diesen und stellen die Weichen für ihre kundenzentrierte Zukunft. Selbst wenn die Grundbedürfnisse die gleichen bleiben: das Markt- und Konsumverhalten ändert sich mit der Zeit. Unternehmen müssen deshalb frühzeitig Trends erkennen, um nicht den Kontakt zum Kunden zu verlieren. Manchmal erfordert das in weiterer Folge auch eine Anpassung der Businesslogik. Was bleibt ist ein Kunde, der nicht als perfektes Individuum handelt, aber niemals unterschätzt werden sollte.

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